Recruiting im Zeitalter der Digital Natives

Alexandra Rupacher
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21. April 2020 Lesezeit 8 Minuten
Falls Sie sich wundern, warum Sie immer noch zu wenige gute Bewerbungen erhalten, dann sollten Sie vielleicht einmal genauer hinsehen: Wie gut kennen Sie Ihre Zielgruppe? Wissen Sie, wie die Digital Natives ticken? Was sie anzieht oder abschreckt? Wir verraten Ihnen, worauf Sie achten sollten und warum Sie vielleicht von Ihren Kollegen im Marketing lernen sollten.

Inhalt

    Der demografische Wandel ist längst keine Zukunftsmusik mehr, sondern bereits Realität: Rückläufige Geburtenzahlen stehen einer Bevölkerung mit steigender Lebenserwartung gegenüber. Wir alle kennen die Fakten und sie stellen nicht nur unser Sozialsystem vor eine Herausforderung, sondern verändern auch den Arbeitsmarkt nachhaltig.

    Momentan haben wir vier unterschiedliche Generationen im arbeitsfähigen Alter und somit eine sehr heterogene Belegschaft. Das zeigt sich in der Qualifikation, in der Arbeitsweise, aber auch in den Ansprüchen an die Arbeitgeber. Diese Veränderungen wirken sich auch auf das Recruiting aus, denn es stellt sich die Frage, wie die vielversprechendsten Talente von heute und morgen nun richtig erreicht werden.

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    Die Generationen X, Y und Z

    Während die einen schon ganz selbstverständlich zwischen den Generationen X, Y, Z oder sogenannten Digital Natives und Digital Immigrants unterscheiden, fragen sich andere zu Recht, was oder besser gesagt wer hinter diesen Begriffen eigentlich steht. Natürlich ticken nicht alle Menschen innerhalb einer Generation gleich. Dennoch lassen sich jeder einzelnen von ihnen Verhaltenstendenzen zuschreiben, die im Folgenden kurz angerissen werden:

    Generation X (~1965-1980)

    Die Generation X der heute 30- bis 50-Jährigen gilt als ambitioniert, individualistisch und ehrgeizig. Im Gegensatz zu den vorrangegangenen Babyboomern, die als Workaholics gelten, stellt die Generation X die Arbeit nicht mehr vor alle anderen Bedürfnisse. Vielmehr wird sie als Mittel zum Zweck betrachtet, um sich ein materiell abgesichertes Leben leisten zu können.

    Generation Y (~1980-1995)

    Die Millenials, wie Personen dieser Generation auch genannt werden, sind die ersten Digital Natives. Sie sind also mit digitalen Medien aufgewachsen. Berufs- und Privatleben werden nicht strikt getrennt, sondern ergänzen sich und verschmelzen zunehmend. Damit gehen aber auch besondere Ansprüche an die Erwerbsarbeit einher: Abwechslung, Sinnhaftigkeit und eine ausgewogene „Work-Life-Balance“ sind gefragt.

    Generation Z (~1995-2010)

    In der folgenden Generation Z, die nun zunehmend auf den Arbeitsmarkt dringt, verschwimmen die Grenzen zwischen realer und virtueller Welt. Diese Generation hat von Kindesbeinen an gelernt, die Flut an digitalen Informationen zu verarbeiten, zu filtern und für sich zu nutzen.

    Genauso wie Personen dieser Generation sich der Vorteile der Digitalisierung bewusst sind, wissen sie aber auch über die Risiken und Mechanismen dahinter Bescheid. Hinsichtlich Erwerbstätigkeit rücken hier die Sinnfrage und Zufriedenheit stark in den Fokus. Gesucht werden Arbeitgeber, die dieselben Werte und Einstellungen teilen – was aber nicht mit absoluter Loyalität gegenüber einem Unternehmen einhergeht. Die Gewichtung des Privatlebens sowie das ständige Streben nach Abwechslung, welche eine so schnelllebige Generation gewohnt ist, stehen dem entgegen.

    Jüngere Generationen haben hohe Erwartungen an Ihren Arbeitgeber. Der Spaß an der Arbeit und die Suche nach Sinn werden immer wichtiger.

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    Wartezeiten unerwünscht: Generation on demand

    Nicht nur die Digital Natives, sondern wir alle, sind es mittlerweile gewohnt, ständig, überall und vor allem schnell unsere Bedürfnisse zu stillen: Seien es Filme und Serien, die wir mittlerweile nicht mehr persönlich in einer Videothek abholen, sondern auf Knopfdruck über zahlreiche Online Streamingdienste zur Verfügung gestellt bekommen. Oder Einkäufe, die wir mit nur wenigen Klicks gemütlich von zu Hause aus erledigen können. Mails und Messenger-Dienste haben die Kommunikation enorm beschleunigt und die Bereitschaft, Wartezeiten zu akzeptieren, deutlich sinken lassen. Was im eCommerce schon tadellos funktioniert, wird nun auch in Recruiting Prozessen von Unternehmen immer wichtiger.

    Candidate Journey = Customer Journey

    In Hinblick auf eine erfolgreiche Candidate Journey und wirksames Employer Branding können HR Abteilungen tatsächlich noch einiges von ihren Kollegen aus dem Marketing Bereich lernen bzw. wird es immer wichtiger, dass die beiden Unternehmensbereiche verstärkt miteinander kooperieren.

    In diesem Sinne sollten Sie sich, wie es auch Ihre Kollegen im Marketing bereits tun, folgende Fragen stellen:

    • WER ist Ihre Zielgruppe? Überlegen Sie sich genau, welche Personen Sie für Ihr Unternehmen und für bestimmte Positionen ansprechen möchten – je konkreter, umso besser! Die Erstellung von sogenannten Candidate Personas kann dabei sehr hilfreich sein. Einen nützlichen Leitfaden dazu finden Sie hier bei karriere.at.
    • WO erreichen Sie diese Zielgruppe? Ja, Ihre Karriereseite ist wichtig und auch Jobbörsen sind nach wie vor von Bedeutung, aber Ihr Re-cruiting Funnel muss gut durchdacht, sprich vielfältig und auf Ihre Zielgruppe abgestimmt sein. Smartes Multiposting & Active Sourcing statt Post & Pray lautet hier die neue Devise. Unterschätzen Sie also keinesfalls die passiv Suchenden: Laut einer deutschen Studie hat sich ein Drittel der Kandidaten der Generation Z in Folge einer Direktansprache durch Recruiter per E-Mail oder Social Media bei einem Unternehmen beworben, bei dem es sich sonst nicht beworben hätte.
    • WAS interessiert Ihre Zielgruppe? Ob sich Kandidaten schlussendlich aber für Ihr Unternehmen entscheiden, hängt maßgeblich von Ihren angebotenen Inhalten ab. Daher ist es essenziell, relevanten Content zu kreieren. Ein Imagevideo nach dem anderen zu produzieren wird Sie höchstwahrscheinlich nicht zum Erfolg führen. Setzen Sie lieber auf authentisches Videomaterial, wie z.B. Mitarbeitervideos, die ein realistisches Bild einer gewissen Position oder Ihres Arbeitsklimas zeichnen. Machen Sie Ihre eigenen Mitarbeiter zu Influencern!
    Sie erreichen Ihre Zielgruppe nur, wenn Sie auch wissen, was diese Zielgruppe interessiert und wo sie sich informiert.

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    Trust and Brand Building: So erreichen Sie die Digital Natives

    Andere Werte, andere Vorstellungen, andere Anforderungen: Digital Natives revolutionieren die Arbeitswelt und somit das Recruiting. Unternehmen sind entsprechend gefordert, Ihre Kommunikation anzupassen.

    Kommunikationskanäle richtig wählen

    Heute werden vermehrt neue spannende Wege zur Ansprache der Digital Natives ausprobiert ¬- von Influencer Marketing, digitalen Events an Schulen und Universitäten bis hin zu Personalkampagnen über Sna¬chat, Instagram und TikTok. Die Möglichkeiten sind scheinbar unbegrenzt. Dabei sind aber nicht alle Maßnahmen für jedes Unternehmen sinnvoll und bringen den gewünschten Effekt. Eines ist jedoch sicher: Arbeitgeber sind gefordert, mit den neuen Möglichkeiten Schritt zu halten.

    Laut einer aktuellen Kandidaten-Studie suchen bereits rund 70% der Befragten aus der Generation Z am Smartphone nach Jobs und knapp die Hälfte bewirbt sich auch zuhause von mobilen Endgeräten aus. Das bedeutet, dass Ihre Stelleninserate und Ihre Karriereseite sowie alle weiteren Kanäle, die Sie zu nutzen planen, mobiloptimiert sein müssen und in weiterer Folge auch das Bewerben mit nur wenigen Klicks möglich sein soll. Eine weitere aktuelle Studie zeigt: Jeder zweite hat bereits Online-Bewerbungen abgebrochen, weil sie zu kompliziert und langwierig waren. Überlegen Sie sich dementsprechend, welche Felder im Be-werbungsformular wirklich notwendig sind oder ob ein Bewerbungsschreiben eventuell durch einen Video-Pitch oder ein zeitverzögertes Interview ersetzt werden kann.

    Ein absolutes No-Go für Digital Natives: Ein komplizierter Bewerbungsprozess, der nicht mit wenigen Klicks erledigt ist.

    Hinsichtlich der Entscheidung für oder gegen ein Unternehmen lässt sich die jüngste Generation mehr noch als jene zuvor von Empfehlungen der Familie oder Freunden beeinflussen, wobei sich negative Erfahrungen geradezu wie ein Lauffeuer zu verbreiten scheinen. Dementsprechend wichtig ist es, auf Bewertungsplattformen wie z.B. kununu aktiv zu sein und die Mög­lich­keit zu schaf­fen, Jobs online emp­feh­len zu kön­nen ­- sei es über Share Buttons in Ihren Stelleninseraten oder Empfehlungsprogramme wie z.B. Firstbird.

    Der passende Kom­mu­ni­ka­ti­ons­stil

    Neben dem rich­ti­gen Kanal ist der Kom­mu­ni­ka­ti­ons­stil ein bedeu­ten­der Fak­tor in der Anspra­che. Ein direk­ter, per­sön­li­cher und nicht zu for­mel­ler Kon­takt wird hier bevor­zugt. Verwenden Sie das Du-Wort in Ihren Inseraten allerdings nur, wenn dieses auch in Ihrem Unternehmen gepflegt wird. Denn auch hier gilt es sich authentisch zu präsentieren. Individualität wird ebenfalls großgeschrieben.

    Massennachrichten wie wir sie alle schon von LinkedIn oder Xing kennen, führen eher zu negativer Awareness als positiven Emotionen – wie anhand dieses Beispiels auf einem HR-Blog verdeutlicht wird.

    Genauso wie bei Online Bestellungen der Lieferstatus jederzeit abgerufen werden kann, sollten Bewerberinnnen von Ihnen auch durch den Recruiting Prozess geführt werden. Reagieren Sie so schnell wie möglich. Halten Sie Ihre Kandidaten mithilfe Ihrer Bewerbermanagement Software stets am Laufenden. Und unterschätzen Sie auch nicht die Phase zwischen Vertragsunterzeichnung und Arbeitsbeginn. Auch in dieser Phase können Ihre Kandidaten als passiv Suchende noch von anderen Unternehmen abgeworben werden.

    Dinge, die Digital Natives gar nicht mögen: Lange Wartezeiten & generische Massenmails. Vermeiden Sie diese während des Bewerbungsprozesses.

    Authentische Inhalte in ansprechenden Formaten

    Was The Buggles 1979 bereits über das Radio sangen, gilt heute für die klassischen Stelleninserate und Kampagnen: Video killed the… old stars. Im Gegensatz zu Ihren reinen Text-Stellenanzeigen ermöglichen es Videos nämlich, in kurzer Zeit sehr viel Emotion und Information zu transportieren. Wie in Netflix Serien, wo nicht mehr so sehr die Plots, sondern vielmehr die Charaktere im Vordergrund stehen, sollten Sie sich ebenfalls mit den Persönlichkeiten in Ihrem Unternehmen positionieren. Schließlich wollen potenzielle Kandidatinnen sich mit Ihrem Unternehmen identifizieren können – und am einfachsten funktioniert dies über Role Models oder Peers, mit denen sie sich vergleichen können. Entscheidend kann dabei auch die Übereinstimmung mit gewissen Sprachcodes Ihrer Zielgruppe sein. Eine einfache Möglichkeit, hier zu punkten: Bauen Sie Wortspiele oder Referenzen zu aktuell beliebten Serien, Filmen oder Spielen ein.

    Video Recruiting ist – nicht nur aufgrund der aktuellen Corona-Krise – auf dem Vormarsch und wird bald selbstverständlich sein. Auch Employer Branding sollte auf dieses Format nicht verzichten.

    Fazit

    Recruiting im Zeitalter der Digital Natives ist keine völlig neue Kunstform, erfordert aber auf alle Fälle ein neues Maß an Kreativität. Dabei können sich HR Abteilungen hinsichtlich Trust and Brand Building sicherlich noch den ein oder anderen Tipp aus dem Marketing holen, denn die Candidate Journey unterscheidet sich in vielen Punkten gar nicht mehr so sehr von der Customer Journey. Beide leben jedenfalls von sorgfältig ausgewählten Kommunikationskanälen und authentischen Inhalten, sowie dem richtigen Kommunikationsstil.

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