Jährliche Mitarbeitergespräche, richtig umgesetzt, haben das Zeug zum wirksamen Führungs- und Personalentwicklungsinstrument. In der Praxis wird ihr Wert allerdings oft unterschätzt. Mit fatalen Folgen: Mangelnde Vorbereitung und halbherzige Durchführung können Mitarbeiter mitunter stark demotivieren. Dabei sollte ein Jahresgespräch eigentlich das Gegenteil erreichen.
Warum aber ist das regelmäßige Gespräch mit den Mitarbeiterinnen unabhängig von der Unternehmensgröße so wertvoll? Warum lohnt es sich, ausreichend Zeit in die Durchführung zu investieren, und was muss man zur Vorbereitung beachten? Wir haben die wichtigsten Antworten zum Thema für Sie zusammengefasst.
Inhalt
Was ist ein Jahresgespräch?
Das Jahresgespräch ist ein jährlich wiederkehrendes, strategisch ausgerichtetes Mitarbeitergespräch. Es wird üblicherweise zu Jahresbeginn oder -ende zwischen Führungskraft und Mitarbeiter im vertraulichen Rahmen geführt.
Inhaltlich können darin sämtliche Aspekte der Zusammenarbeit des vergangenen Jahres und für das folgende Jahr besprochen werden. Vielfach geht es um Leistungen, beiderseitige Ziele und Erwartungen sowie Möglichkeiten zur Verbesserung und Weiterentwicklung.
Warum soll ich jährliche Mitarbeitergespräche führen?
Lob und Anerkennung sowie regelmäßiges, konstruktives Feedback zählen zu den wichtigsten Einflussfaktoren für engagierte Mitarbeiter. Einen besonderen Wert legt die junge Generation Z darauf, die auch Entwicklungsmöglichkeiten im Berufsleben zu ihren größten Motivatoren zählt. Hinzu kommt, dass zufriedene Mitarbeiterinnen leistungsfähiger sind und dem Unternehmen loyaler gegenüberstehen.
Probleme oder Konflikte, die im Jahresgespräch gelöst werden, tragen ihr Übriges zur Zufriedenheit einzelner Teammitglieder oder sogar ganzer Teams bei. Ein Gewinn für das Arbeitsklima – und den Unternehmenserfolg!
Ziele und Inhalte des Mitarbeitergesprächs
Im Grunde sind Jahresgespräche dazu da, die Entwicklung von Mitarbeitern und Unternehmen voranzutreiben und ihre Performance zu verbessern. Auch die Beziehung zwischen Vorgesetzten und Mitarbeiterinnen kann durch eine offene und transparente Gesprächsbasis gestärkt werden. Das ist hauptsächlich dann der Fall, wenn Führende ihre Teammitglieder bewusst individuell mit gezielten Maßnahmen fördern.
Im Einzelnen sind folgende Inhalte in Jahresgesprächen üblich:
- wertschätzendes Feedback zur Arbeitsleistung
- Erheben des Status quo (Zufriedenheit, Bedürfnisse, Arbeitsklima etc.)
- Überprüfung von Projektzielen und persönlichen Zielen aus dem Vorjahr sowie deren Erreichung
- Festlegen von persönlichen Zielen in Abstimmung mit den Unternehmenszielen für das kommende Jahr
- Beschließen von Weiterbildungs- und Entwicklungsmaßnahmen sowie von angestrebten Karriereschritten
- Ansprechen von Problemen und Konflikten und gemeinsames Finden von Lösungen
- die Gelegenheit, offen Fragen zu stellen
Und das Gehalt? Gehaltsverhandlungen sind im Normalfall zwar nicht Teil des Jahresgesprächs, eine gewünschte Gehaltserhöhung kann aber dennoch zur Sprache kommen. Als Führungskraft sollten Sie jedenfalls darauf vorbereitet sein, Vorschläge bereithalten und wertschätzend damit umgehen.
Die 3 Phasen des strategischen Mitarbeitergesprächs
Jahresgespräche können in drei Phasen eingeteilt werden, denen jeweils typische Fragestellungen zugrunde liegen.
Rückblick und Feedback
In der ersten Phase geht es um die im Vorjahr vereinbarten Ziele und deren Erreichung.
- Welche Ziele wurden vereinbart?
- Welche dieser Ziele wurden erreicht, welche nur teilweise oder gar nicht – und warum nicht (Hindernisse)?
- Was lief gut und was weniger gut?
- Welches Feedback gibt es auf die Arbeitsleistung – z. B. von Kolleginnen und Kunden?
- Welche fachlichen und persönlichen Learnings und Entwicklungsschritte gab es?
Ist-Analyse
Die zweite Phase des Mitarbeitergesprächs dient der Erhebung des Status quo.
- An welchen Projekten wird im Moment gearbeitet?
- Welche Herausforderungen stehen an?
- Wie sehr ist der Mitarbeiter ausgelastet?
- Wie ist das allgemeine Arbeitsklima im jeweiligen Team?
- Gibt es etwas, womit man die Arbeit effizienter gestalten könnte?
Vorschau und Weiterentwicklung
In der dritten und letzten Phase des Jahresgesprächs blickt man gemeinsam ins kommende Jahr und legt gewissermaßen den Grundstein für die individuelle Jahresplanung.
- Welche Ziele sollen persönlich, im Team und im Unternehmen erreicht werden?
- In welche berufliche Richtung möchte sich die Mitarbeiterin entwickeln?
- Welche Voraussetzungen müssen für bestimmte Entwicklungsschritte erfüllt sein?
- Kann oder muss darauf bezogen eine Weiterbildung absolviert werden?
- Hat der Mitarbeiter Führungsqualitäten und -ansprüche?
Dieser Fragenkatalog kann als grober Leitfaden dienen, der individuell an die einzelnen Mitarbeiter angepasst wird.
Tipps zur Vorbereitung des Jahresgesprächs
Folgende Tipps können Führungskräften bei der Vorbereitung und Durchführung des jährlichen Mitarbeitergesprächs behilflich sein:
- Die Mitarbeiter kennen. Machen Sie sich während des Jahres laufend Notizen, wenn Mitarbeiterinnen im Arbeitsalltag besonders positiv oder negativ hervorstechen. Sammeln Sie konkrete Beispiele. Auch ein Gespräch mit direkten Vorgesetzten und Kollegen kann beim Einschätzen der Allover-Performance helfen.
- Ausreichend Zeit einplanen. Mindestens eine Stunde, bei Bedarf auch gerne länger. Sorgen Sie dafür, dass Sie in dieser Zeit nicht durch Anrufe etc. gestört werden und dass eine angenehme Atmosphäre im Raum herrscht. Wir empfehlen sogar, die Büroräumlichkeiten für so ein Gespräch zu verlassen und ein Treffen auf neutralem Boden. Sie sollten sicherstellen, dass sie ungestört vom Büroalltag sind.
- Leitfaden erstellen. Welche Themen werden angesprochen, was sind die Ziele des Gesprächs? Ein Leitfaden hilft Vorgesetzten bei der Gesprächsführung und dient Mitarbeitern zur Vorbereitung. Teilen Sie den Leitfaden also rechtzeitig mit Ihrem Gesprächspartner! Tipp: Im Idealfall ist der Leitfaden für Jahresgespräche unternehmensweit standardisiert. Er sollte fixe Kriterien beinhalten und zugleich Raum für individuelle Flexibilität bieten.
- Wertschätzend kommunizieren. Achten Sie auf Ihre Formulierungen, und bleiben Sie stets fair, konkret und objektiv – auch bei heiklen Themen! Mitarbeitergespräche sollen immer auf gleicher Augenhöhe geführt werden. Tipp: Besuchen Sie entsprechende Schulungen und Seminare zum Thema Gesprächsführung o. Ä.
- Ziele richtig formulieren. Arbeiten Sie die Ziele fürs nächste Jahr gemeinsam aus! Richten Sie sich bei der Formulierung nach der „SMART-Formel“:
– spezifisch: Wer schwammige Vorsätze definiert, hat kein konkretes gemeinsames Ziel vor Augen. Wählen Sie daher stattdessen eine prägnante Formulierung, die Missverständnissen und Interpretationen die Türe verschließt.
– messbar: Welche Kriterien entscheiden, ob das Ziel erreicht wurde? Zahlenwerte bieten eine besonders effektive Antwort auf diese Frage. Sie sind objektiv messbar und lassen in der Regel keine Zweifel offen.
– attraktiv/akzeptabel: Sowohl der Mitarbeiter als auch Sie selbst müssen überzeugt hinter den Zielen stehen. Dabei kommt es auf eine ambitionierte, aber realistische Zielsetzung an. Alle Beteiligten sollten sich mit dem Ziel identifizieren können und dieses von sich aus akzeptieren.
– realistisch: Setzen Sie auf keinen Fall zu hohe oder gar unerreichbare Ziele! Damit erzeugen Sie bloß Druck und Demotivation, anstatt das Gegenteil zu erreichen. Ein ehrgeiziges Ziel, das alle Beteiligten bewältigen können, ist die sinnvollere Wahl.
– terminiert: Jeder schiebt wohl mal das eine oder andere Thema auf. Damit das nicht passiert, legen Sie einen Zeitpunkt für die Zielerreichung fest. Ein konkretes Datum ermöglicht nicht nur Kontrolle, sondern erleichtert die Planung und Umsetzung – und erhöht darüber hinaus die Motivation. - Protokoll führen. Halten Sie die wichtigsten Gesprächsinhalte fest. Zum Beispiel in Form eines offenen Protokolls oder mithilfe eines standardisierten Formulars. Im Anschluss sollten beide Seiten das finale Gesprächsprotokoll erhalten. So kann immer wieder ein Blick auf die besprochenen Ziele geworfen werden.
- Rechtsrahmen einhalten. Auch wenn es keine direkte Gesetzeslage für Mitarbeitergespräche gibt: Informieren Sie sich über die rechtlichen Rahmenbedingungen, z. B. bezüglich Aufzeichnung, Datenschutz etc.!
Fazit
All das unter einer Voraussetzung: Das jährliche Mitarbeitergespräch wird nicht einfach in den Kalender eingetragen, schnell abgehandelt und dann abgehakt. Es muss gut vorbereitet, mit System und ohne Zeitdruck geführt und im nächsten Jahr reflektiert werden.
* Um unsere Texte möglichst lesefreundlich zu gestalten, verzichten wir darin auf die gleichzeitige Verwendung von männlichen und weiblichen Sprachformen. Dennoch ist uns wichtig, dass sich alle von uns angesprochen fühlen. Daher verwenden wir die männliche und die weibliche Form im Wechsel. Damit sind immer alle anderen Formen gleichermaßen mitgemeint.